Viele unserer Freundinnen und Freunde sind in ähnlichem Alter wie wir. Sie werden nun reihum pensioniert. Ist Ihnen auch aufgefallen, liebe Leserin, lieber Leser, dass man rund um die Pensionierung so viel Verschiedenes zu hören bekommt?

Da gibt es den Einen, der über 40 Jahre in demselben Geschäft gearbeitet hat. Er wurde mit einem grossen Fest verabschiedet. Der Chef stand am Abschiedsapéro auf einen Stuhl und hielt eine tolle Rede über ihn. Die Belegschaft hat gesammelt für ein grosses Abschiedsgeschenk. Und zwei Fotobücher lagen auf, in denen alle ihre Gedanken, Wünsche und Geschichten niederschrieben, die sie mit dem Pensionierten erlebt hatten.

Da gibt es die Andere: ihre Pensionierung fiel in den Lockdown. Keine Verabschiedung, kein Fest, nur ein dürres Schlussgespräch und alle waren erleichtert, denn die grossen, anstehenden Veränderungen waren nicht mehr ihr Ding gewesen. Und die jungen, neuen Chefs „dynamisierten“ und forcierten Umstrukturierungen, in denen „die Alten“ keinen Platz mehr zu haben scheinen.

Eine, uns sehr gut bekannte Person, wurde aus der Pensionierung mit einem Hilferuf wieder in die Arbeit geholt! Die Nachfolge hatte nicht geklappt. Eine andere Person musste als Hochrisikoperson während des Lockdowns zu Hause bleiben. In dieser Zeit wurde der ganze Arbeitsplatz weggeräumt – ohne Information und mit der Aussage: „Du wirst ja sowieso Ende Juni pensioniert.“.

Am 14. Juli 2020 erschien in der Basler Zeitung ein Artikel über Japan, mit dem Titel „Von wegen Ruhestand“. Der Journalist Thomas Hahn aus Tokio beschreibt japanische Seniorinnen und Senioren als umworbene Personen. Es gibt dort ein „Zentrum für silbernes Humankapital“, welches Seniorinnen und Senioren neue Ausbildungen vermittelt – Personal, welches in Japan fehlt, z.B. um Räume zu reinigen, Bäume zu pflegen, den Gemeindebus zu fahren. Diese Menschen über 65 sollen einerseits das geplatzte Rentensystem auffangen und andererseits den fehlenden Nachwuchs ersetzen. Denn 28,4 % der Japanerinnen und Japaner sind 65 Jahre alt oder älter.

Nachwuchs- und Fachkräftemangel beherrschen also Japan. Bei uns in der Schweiz tönt es ähnlich. Trotzdem hört und liest man über Frühpensionierungen, über Aufhebungen der Arbeitsplätze älterer Mitarbeitenden und einen etwas respektlosen Umgang mit den älteren Mitarbeitenden.

„Silbernes Humankapital“: Schon allein dieses Wort aber symbolisiert die Wertschätzung gegenüber älterer Mitmenschen! Eine solche Wertschätzung dürfte m.E. in unserer schönen Schweizer Arbeitswelt auch etwas mehr praktiziert werden. Unternehmen könnten sich der neuen Situation anpassen und mit einberechnen, dass ältere Mitarbeitende vielleicht etwas langsamer arbeiten, vielleicht aber auch etwas genauer und überlegter. Mit Sorgfalt. Mit Erfahrung. Und mit dem Blick über die Nasenspitze.

Liebe Seniors@WorkerInnen: Sie sind gefragt! Sie sind „silbernes Humankapital“! Denken Sie immer daran und seien Sie stolz darauf! Egal, wie ihre Pensionierung gelaufen ist: Sie sind immer noch gefragt.

Beatrice Isler

In Basel stehen im Oktober Gesamterneuerungswahlen des kantonalen Parlaments und der Regierung an. Ganz wenig hat der Wahlkampf schon angefangen, jedenfalls sind in allen Parteien die Kandidierenden fleissig daran, sich von den professionellen Werbern fotografieren zu lassen. Die Parteien haben Konzepte für den Wahlkampf, die Kandidierenden suchen zusätzlich ihren eigenen Weg, sammeln Adressen, bereiten sich für Events vor, Strassenaktionen werden geplant, Plakatwände gebucht und vieles mehr.

Einer der Kandidierenden ist Marcel Rünzi. Er ist im Pensionsalter und stellt sich zur Wahl in den Grossen Rat. Warum wohl? Aber lassen wir ihn doch selber zu Wort kommen.

Lieber Herr Rünzi, sie sind sehr fit und munter! Wie alt sind Sie?

Ich bin 78 Jahre alt.

Was für eine Berufskarriere haben Sie hinter sich?

Mit 16 Jahren habe ich eine Lehre in einem Ingenieurbüro als Eisenbetonzeichner begonnen und nach 3 Jahren abgeschlossen.

In der Projektierung und Bauaufsicht von zahlreichen Strassen-, Brücken- und Hochbauten in der Region und in der Zentralschweiz war ich in Büros in Pratteln und Zofingen beschäftigt.

1968 nahm ich eine Stelle im Tiefbauamt an, in der Absicht, die Kantonale Verwaltung kennen zu lernen und danach wieder in die Privatwirtschaft zurückzukehren. Doch wurde daraus eine Lebensstelle in verschiedenen Chargen beim Kanton. Nach verschiedenen Engagements im Strassenbauten wurde mir die Koordinationstelle für Leitungsverlegungen übertragen. Mein Auftrag war, als Bindeglied zwischen dem Tiefbauamt und den involvierten kantonalen und eidgenössischen Ämter (Industrielle Werke, Gewässerschutzamt, PTT) sowie der beauftragten Ingenieurbüros die Projekte zu koordinieren.

Namentlich betraf es Grossvorhaben wie der Nationalstrassenbau und grösseren Strassen- und Kunstbauten des Kantons. Als Beauftragter des Tiefbauamtes bei der für die Zu- und Ableitungen zur ARA Basel zuständigen Projektgruppe der Pro Rheno begleiteten wir, zusammen mit Vertretern des Gewässerschutzamtes Basel-Stadt und Basel-Landschaft sowie den Chemiebetrieben Ciba-Geigy und F. Hoffmann – La Roche die Vorhaben in dreifacher Millionenhöhe. 1982 wurde dann die ARA Basel in Betrieb genommen.

Mit Schwerpunkt begehbarer Leitungstunnels war ich auch auf eidgenössischer Ebene mit der Ausarbeitung von Normen aktiv.

Anfangs der 90er Jahre wurde ich als Leiter der Bodenbewertungsstelle und Mitglied der Bewertungskommission gewählt und arbeitete mich in einen neuen Aufgabenbereich ein. Auf dieser Stelle konnten sich Liegenschaftseigentümer aus der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand über Liegenschaftswerte beraten und Liegenschaften bewerten lassen . Teil der Aufgabe war auch die Bemessung der schweizweit noch kaum bekannten Mehrwertabgabe, gemäss Eidg. Bundesgesetz über die Raumplanung und kantonale gesetzliche Vorgaben .

2004 ging ich in Pension, arbeitete aber noch einige Zeit weiter als Mitglied der Bewertungskommission und als unabhängiger Berater.

Was reizt Sie daran, sich für die Grossratswahlen als Kandidat aufstellen zu lassen?

Die Mitgestaltung der Politik unseres Kantons hat mich zeitlebens interessiert. Dass ich mich in meinem Alter nochmals zur Verfügung stelle habe ich mir lange überlegt. Ich habe mich überzeugen lassen, dass das Alter allein kein Grund zu einem Nichtantreten sei, zumal ich politisch seit meinen Jungendjahren aktiv war und in Grossbasel West noch immer aktiv mitwirke; mit Leserbriefen und Engagements für einzelne Vorhaben wie dem Erhalt des mir am Herzen gelegenen Lysbüchelareals für das Gewerbe (wo der Souverän sich dann für eine Mischnutzung Wohnen/Gewerbe entschieden hat).

Da ich tagtäglich das politische Geschehen lebhaft verfolge, könnte ich mir ein nochmaliges Engagement im Grossen Rat gut vorstellen.

Macht Wahlkampf überhaupt Spass?

Wahlkampf hat mir immer Spass gemacht. Zusammen mit Kandidatinnen und Kandidaten auf der Strasse und an Veranstaltungen aufzutreten, lässt uns die Bedürfnisse und Anliegen der Bevölkerung nachzuvollziehen, ja gar miterleben.

Hatten Sie schon mal ein Amt als Parlamentarier inne? Und wenn ja, was hat Ihnen daran gefallen?

Lange Jahre war ich Mitglied des Bürgergemeinderates, dem Parlament der Bürgergemeinde Basel. Als Parlamentarier und als Präsident der Kommission Bürgerspital lernte ich die Parlamentsarbeit kennen und schätzen.

Mitglied des Grossen Rates war ich zwischen 2003 und 2008. Als Mitglied der Bau- und Kunstkommission und der Geschäftsprüfungskommission erlebte ich die Politik nun aus der Warte des Kantonalen Parlaments. Eine lebhafte Zeit mit interessanten Herausforderungen und positiven Erfahrungen.

Können Sie Seniorinnen und Senioren empfehlen, sich für politische Ämter zu interessieren, gar zu kandidieren? Wenn ja, warum? Und wenn nein, warum nicht?

Für mich gibt es keine allgemein gültige Antwort. Ich würde nur auf Frauen und Männer zugehen, von denen ich überzeugt wäre, dass sie das politische feu sacré intus haben, Interesse am Amt bekunden und auch bereit wären, sich einzubringen.

Was für Fähigkeiten braucht es, um Ihrer Meinung nach ein guter Politiker, eine gute Politikerin zu sein?

Ein klarer eigener Standpunkt zu haben und für diesen einzustehen. Dazu Teamfähigkeit und Freude am parlamentarischen Arbeiten. Vorteilhafterweise ist man in der Gesellschaft integriert und auch engagiert. Und wer sich bereits beruflich und ehrenamtlich bewährt , hat gute Voraussetzungen für die Aufgabe.

Haben Sie neben ihrem politischen Engagement in der Partei noch Zeit für Hobbies?

Die meiste Zeit beanspruchen mich zur Zeit Verpflichtungen in Nonprofitorganisationen (NPOs). Daneben schaffe ich mir reichlich Nischen für Sport (Wandern, Velofahren, Golf) sowie Zeit für kulturelle Angebote.

Kennen Sie die Plattform Seniors@Work?

Nein, bin aber gespannt sie kennen zu lernen.

Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern des Blogs von Seniors@Work mit auf den Weg geben?

Engagieren Sie sich im politischen und gesellschaftlichen Rahmen nach ihrer Möglichkeit und Ihrem Gusto. Unsere Gesellschaft lebt zu einem hohen Masse von Freiwilligenarbeit, welche zu einer Bereicherung für die Gesellschaft, aber auch für alle Freiwilligen werden kann und dies meist auch tut.

Lieber Marcel Rünzi, ganz herzlichen Dank für Ihre offenen Worte. Wir drücken Ihnen für einen erfolgreichen Wahlkampf sehr herzlich die Daumen und wünschen Ihnen Erfolg, Zufriedenheit, Glück und vor allem Gesundheit.

Beatrice Isler

Am 11. Juni 1913 wurde meine Patin geboren. Wenn ich zurück denke, dann kommen mir die verschiedensten Talente in den Sinn, die sie aus meiner kindlichen Sicht gehabt hat: Obwohl kinderlos geblieben, hatte sie Talent im Umgang mit uns Kindern. Mit mir im Speziellen, denn ich liebte es, zu ihr nach Zürich in die „Ferien“ gehen zu dürfen. Sie hat mir hartnäckig Schwimmunterricht im Zürichsee gegeben, weil sie absolut der Meinung war, ein Kind müsse schwimmen können. Was war ich stolz, als ich es konnte! Sie lernte mich diverse Kartenspiele, insbesondere Canasta. Sie machte mich auf England aufmerksam, denn sie war als junge Frau bis vor Kriegsbeginn in England gewesen. Sie liebte die Royals und erzählte mir stolz von ihrer Rückreise in die Schweiz per Flugzeug. Sie konnte Steptanzen und hatte glücklicherweise im Eingang zur Wohnung einen alten Klinkerboden. Ach, es tönte herrlich, wenn ich sie überreden konnte, mir die Schritte zu zeigen. Sie war aber – der damaligen Sitte entsprechend – nach der Heirat nicht mehr ausserhalb berufstätig, sondern kümmerte sich um sämtliche Arbeiten innerfamiliär inklusive Budget und Rechnung.

Sie war Schwägerin und beste Freundin meiner Mama, welche wahrlich auch Talente hatte. Auch meine Mama – in der Konzentration auf uns Kinder, die Familie und letztlich auf ihre zunehmend kranken Eltern – wusste ihre Begabungen einzubringen. Sie konnte sehr gut kochen, pflegte den grossen Bekanntenkreis meiner Eltern auf das Vorzüglichste und versorgte uns Kinder und später die Enkelkinder als gelernte Schneiderin top, was die Kleider anging. Sie organisierte sogar einen supertollen Schottenstoff und nähte für mich und unsere Töchter je einen „originalen“ Schottenrock, den wir mit Stolz und Würde auch trugen! Und nicht zuletzt war sie frech, witzig und voller Lachen. Mit letzterem öffnete sie Türen zu anderen Menschen und schaffte Vertrauen.

Überlegen Sie mal, liebe Leserin, lieber Leser: was haben Sie für Talente? Ich meine hier nicht nur die offensichtlichen, wie Buchhaltung, Computertechnik, Schreinerei etc, sondern eher die Verborgenen!

Der deutsche Philosoph Manfred Hinrich sagte: „Talent, sein Talent zu verkennen, hat jeder.“ Wollen wir das?

Seniors@Work will unkompliziert Talente finden, pensionierte Menschen mit Fähigkeiten, mit Wissen, mit Motivation. Natürlich auch ganz konkret Fachkräfte für Administration zum Beispiel. Für Buchhaltung. Für Revisionen. Für Projektarbeit.

Was ich aber mit alledem sagen will: packen Sie die Gelegenheit und bewerben Sie sich selbstbewusst auf denjenigen Job, der ihnen quasi ins Auge springt. Wenn man älter ist, hat man nicht nur ein grosses Fachwissen, sondern auch aufgrund der Lebenserfahrung sämtliche Talente gestärkt, einige vielleicht über Bord geworfen, andere, neue entdeckt. Es gilt, diese einzusetzen. Sie machen damit nicht nur sich eine Freude, sondern ihrer ganzen Umgebung ebenso.

Und ich hoffe, dass es auch Arbeitgebende gibt, die diesen Blog lesen, das Visier öffnen und die verborgenen Talente der Jobsuchenden erkennen.

Beatrice Isler

Wie haben Sie es mit dem Bügeln, liebe Leserin, lieber Leser? Ich kann nur sagen, es lohnt sich: in der ruhigen Wohnung dieser Tätigkeit nachzugehen, bedeutet für mich, dass ich meine Gedanken einfach so schweifen lassen kann.

Heute hat sich bei mir das Wort „Verunsicherung“ in meinem Kopf festgesetzt. Warum?

Als erstes las ich frühmorgens in der Zeitung (BaZ vom 25.5.2020), dass überraschend viel Menschen ab 55+ ihren Job verlieren. Im Artikel steht: „Eigentlich müssten die 55- bis 64-jährigen das geringste Arbeitslosenrisiko aufweisen, da sie am seltesten die Stelle wechseln.“. Weiter steht im Text, oft seien es Menschen mit einer schwierigen Erwerbsbiografie. „Oft“ heisst aber, dass es auch andere trifft. Schaut man sich dann die Branchen an, verwundert es zur Zeit nicht, dass die Beherbergungsbranche die höchste Jobverlust-Prozentzahl ausweist. Aber warum ist die Branche „Gesundheitswesen“ auch genannt? Alle reden doch von Personalmangel im Gesundheitswesen! Wenn ich daran denke, dass das Risiko ausgesteuert zu werden für Menschen in höherem Alter bei einem Arbeitsverlust signifikant steigt, dann macht sich bei mir schon alleine beim darüber nachdenken eine Verunsicherung breit. Und wie gross wird diese Verunsicherung wohl bei diesen Menschen erst sein!

Als zweites begegnete ich heute über Mittag meiner kleinen Enkelin. Sie ist sechs Jahre alt. Nach diesen langen Corona-Wochen der Abstinenz reagiert sie nicht mehr wie früher auf mich. Früher rannte sie mir um den Hals. Möglichst mit Anlauf. Heute steht sie da, schaut zu mir auf, wackelt etwas verlegen hin und her – und strahlt eine totale Verunsicherung aus. Seit ich sie damals ganz zum Anfang vom Lockdown in ihrem Anlauf, mich voller Elan zu umarmen, stoppte, ist die Welt für mich und wohl auch für sie nicht mehr in Ordnung. Und  jetzt getraut sie sich nicht mehr richtig, mich zu umarmen. Und letztlich bin auch ich verunsichert im Umgang mit ihr. Zwingen kommt nicht in Frage. Was und wieviel in Sachen Körperkontakt dürfen wir überhaupt? Unser Hüteauftrag ist bis nach den Sommerferien gecanclet. Wir müssen also noch länger warten, bis wir unsere Beziehung wieder „normalisieren“ können. Und es zeigt sich, dass Brieflein schreiben, Zeichnungen austauschen oder Facetime-Geplauder die mangelnde physische Nähe nie und nimmer ausgleicht.

Als drittes hörte ich Radio. Nachrichten. Beiträge aus aller Welt. Wenn man so zuhört und alles über Krieg, Macht, Gier, Geld, Korruption, Armut hört, wird klar, dass die ganze Welt komplett verunsichert sein muss. Die Wirtschaft darbt, die Menschen verlieren Jobs, die Armen werden noch ärmer, die Reichen… aber lassen wir das. Und obwohl es uns in der Schweiz vergleichsweise gut geht, spürt man die Verunsicherung überall. Und dann gibt es diejenigen, die sich in diesen Zeiten Beiträge erschleichen oder Vorteilen aus der Situation ziehen, sei es mit Kurzarbeit und Entlassungen, Frühpensionierungen, obwohl es vielleicht nicht oder noch nicht nötig wäre.

In Zeiten, in welchen sich selbst auf dem Trottoir die Menschen ausweichen, nur noch schüchtern lächeln und bei einem Gespräch sofort auf Distanz gehen, bin ich froh um sichere Werte, wie z.B. Seniors@Work. Ich hoffe für Sie alle, dass Sie hier die geeignete Stelle, die engagierte Mitarbeiterin oder den professionellen Angestellten finden und damit ihrer ganz persönlichen Verunsicherung die Türe weisen zu können.

Toitoitoi, ich drücke die Daumen!

Beatrice Isler

Warum ist das Alter bloss eine Zahl für Sie?

Mit der Zahl meiner gelebten Jahre ist weder ein Gedanke noch ein Bild verbunden, mit dem ich mich persönlich gemeint fühlen könnte. Ich bin alt, ja. Ich habe viel Lebenserfahrung, ja. Doch die hatte ich schon, als ich 20 war. Den gesamten Kosmos meiner Kindheit trug ich damals schon in mir. Nur war ich so jung nicht in der Lage, was ich erlebt hatte, auf die Reihe zu bekommen. Zu verstehen und zu verdauen erforderte eine ungeheure Anstrengung von mir und ‚frass’ ein paar Jahre meines Lebens. Ich war aber dann immer noch jung, obwohl ich dabei eine tiefgehende Verwandlung durchgemacht hatte, einen Reifeprozess. Die Reifung geht weiter, ist nie abgeschlossen, solange ich wach und aufmerksam durch den Tag gehe.

Das Alter ist in der Gesellschaft mit vielen oberflächlichen Cliches verbunden, die versuchen, uns in einer Kategorie zu erfassen. Gebt’s auf. Ein menschliches Leben ist nicht in eine Statistik zu pressen, jedes Leben ist einzigartig. Ich bin heute, als Seniorin, schlicht weiterhin der Mensch, der seit meiner Geburt aus meinen Augen in die Welt blickt und durch meinen Körper, meine Sinne und mein Denken aufnimmt, fühlt, erlebt, verarbeitet und sich für dies oder das entscheidet.

Was gefällt Ihnen am meisten/wenigsten am Altern?

Widerstand spürte ich an der Tatsache, dass ein staatlicher Mechanismus bestimmt, dass ich in einem bestimmten Moment meines Lebens pensioniert werde. Die vermeintliche Erleichterung, endlich mit Arbeiten aufhören zu können, trifft auf mich nicht zu, und mich in einen unfreiwilligen Ruhestand zu versetzen, ist einfach nicht ein Konzept, das in meinen Lebenslauf und mein Empfinden passt. Ich arbeite gerne, immer noch.

Am besten gefällt mir die Freiheit, die ich heute habe, jeden Tag zu gestalten, und dass der Druck, Geld zu verdienen, nachgelassen hat.

Was möchten Sie der jüngeren Generation als Tipp weitergeben?

Das Glück liegt darin, dass du bei dem, was du im Aussen tust, mit deinem Innersten verbunden bist. Darum mein Tipp: Verbinde dich mit deinem Innersten und folge dem, was du da findest, solltest du dich unglücklich, leer oder orientierungslos fühlen.

Warum wollen Sie weiterhin einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen?

Tätig sein bedeutet lebendig sein. Mir gefällt die Einteilung der Gesellschaft in Alterskategorien nicht. Ich möchte das öffentliche Leben lieber als einen grossen Markt von Angebot und Nachfrage sehen, an dem ich teilnehmen kann, das heisst geben und nehmen – und dadurch integriert sein bis zum Schluss.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich wünschen?

Ich habe irgendwie eine Sehnsucht in mir nach ländlichem Leben, obwohl ich wie die meisten Schweizer städtisches Leben und Kopfarbeit gewohnt bin. Ich würde mir wünschen, dass es Höfe gäbe, also eine moderne Form von landwirtschaftlichen Betrieben auf kooperativer Basis, wo jedermann/jedefrau temporär oder teilzeitlich leben, sich freiwillig engagieren und mitarbeiten könnte, ungeachtet von sozialer Zugehörigkeit, Alter und Herkunft.

Was wollen Sie dem seniors@work Team mitteilen?

Ich danke dem seniors@work Team für diese Plattform und die Möglichkeit, sich auf diese Art neu zu vernetzen. Gibt es vielleicht doch ein Senioren spezifisches Bedürfnis….?

Vor vielen Jahren arbeitete ich drei Jahre beim Mentoring für Jugendliche, einem bikantonalen Projekt zur Vermittlung von Ausbildungsplätzen für junge Menschen, die es etwas schwieriger haben. Dort lernte ich die ehrenamtlich tätige Mentorin Nicole Bertherin kennen. Und wie das so ist, frau läuft sich ab und an über den Weg, auch wenn man nicht ständige Berührungspunkte hat.

Aufmerksam wurde ich auf Nicole Bertherin erst wieder durch einen weiteren Mentor, den ich ab und zu im Trämmli sehe. Wenn möglich tauschen wir uns beim Trämmlifahren aus. Und by the way erwähnte er das Projekt, in welchem er und Nicole zusammen arbeiten: „Impulse Ein Arbeitsmarkt für alle.“

Neugierig surfte ich auf der Homepage von Impulse. Sehr gerne zitiere ich Schlagwörter von der Website:

  • „Unsere Vision ist es, die Inklusion in der Arbeitswelt und der Gesellschaft voranzubringen: Dies bedeutet Einbeziehung, Einschluss, Zugehörigkeit. Jeder Mensch muss die Möglichkeit haben, sich gleichberechtigt und selbstverantwortlich an allen gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen.“
  • „Unsere Mission ist die Förderung von Chancengerechtigkeit: Dazu unterstützen wir Menschen mit Behinderung und Stellensuchende über 50 Jahre sowie Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber und Unternehmen.“

Impulse wurde 2011 gegründet. Seit 2018 ist das Angebot für Stellensuchende über 50 Jahre ausgeweitet. Impulse ist ein gemeinnütziger Verein.

Weil mich das alles sehr interessierte, nahm ich Kontakt auf mit Nicole Bertherin. Sie sitzt im Vorstand des Vereins. Und in Zeiten von Corona stellte ich ihr per Email Fragen, die sie mir hier untenstehend beantwortete:

Liebe Nicole, du bist zurück von Japan. Bist du gut heim gekommen oder war es schwierig?

Beides. Ich konnte relativ einfach meinen annullierten Flug auf eine andere Airline umbuchen und bin mit nur 14 (!) weiteren Fluggästen gut in Zürich angekommen. Sehr schwierig war für mich hingegen der Abschied. Ich habe einen traumhaften Monat mit unglaublichen Begegnungen erlebt. In Japan zu stranden, habe ich mir insgeheim fast ein wenig gewünscht.

Wie beurteilst du den Unterschied zwischen älteren Arbeitnehmenden in Japan und hier in der Schweiz? Lässt sich die Situation überhaupt vergleichen?

Sowohl den Schweizern wie auch den Japanern ist die Arbeit im wahrsten Sinne in die Wiege gelegt. Beide Länder liegen ganz vorne, wenn es um die jährlich geleistete Arbeitszeit geht.  Der demographische Wandel ist für beide Länder eine grosse Herausforderung. Für Japan die wohl grössere: die japanische Gesellschaft altert und schrumpft in rasantem Tempo. Das siebte Jahr in Folge hat sich die Einwohnerzahl verringert.

Das hat natürlich auch Folgen für den Arbeitsmarkt. Drei Ansätze werden verfolgt – die längere Beschäftigung von älteren Mitarbeitern, die Einbeziehung von mehr Frauen in das Erwerbsleben und die Öffnung des Landes für mehr Einwanderer. Am schnellsten kommt Japan bei der Beschäftigung älterer Menschen voran. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Japan der Arbeit im Alter traditionell einen höheren Stellenwert gegeben wird.

Im Gegensatz zu uns geht die Politik in Japan davon aus, dass die Menschen ihren Lebensunterhalt im Alter nicht allein durch ihre Rente und private Vorsorge bestreiten, sondern auch durch Arbeit. Daher gehört es in Japan zum normalen Alltag, dass Menschen im Alter von 68 oder 70 noch arbeiten. 

Seit wann bist du im Vorstand von Impulse tätig?

Als Mitbegründerin bin ich seit Beginn 2011 für Impulse tätig.

Gibt es einen Unterschied im Umgang mit der Situation zwischen Mentoring für Jugendliche und Impulse? Gehen Junge und Alte unterschiedlich an ihre schwierige Situation heran?

Ob jung oder älter: Phasen des Übergangs können sehr herausfordernd sein. Ich denke, das kennt jeder von uns. Die existentiellen Ängste kommen bei älteren Stellensuchenden anders zum Tragen. Hinzu kommt, dass Nichtarbeiten in unserer Kultur irgendwie keinen Platz hat. Wer längere Zeit nicht arbeitet, mit dem stimmt doch etwas nicht. So zumindest nehme ich oftmals das Credo wahr. Das aus meiner Sicht besonders Gefährliche daran ist, dass dies in Kombination mit der kollektiven Stimmung in den Medien zu einer nicht ungefährlichen Selbststigmatisierung führen kann.

 In einer solchen Phase der Unsicherheit ist es wichtig zu erkennen, dass die Zukunft nicht feststeht sondern gestaltbar ist und dass wir uns selbstverantwortlich und konstruktiv an ihrer Gestaltung beteiligen können. Ein Mentoring auf Augenhöhe kann hier eine wertvolle Unterstützung bieten.

Alle reden von steigender Arbeitslosigkeit infolge Corona. Wie schätzt Ihr das ein?

Wir erleben viel Licht und auch Schatten. Mentees, die ihre eben angetreten Stelle wegen der verschlechterten Wirtschaftslage gerade wieder verloren haben.  Stellensuchende über 60, die genau jetzt ihren Traumjob finden. Programmteilnehmende, die in den Bereichen, wo sie ihre grössten Chancen ausrechnen gar keine offenen Stellen mehr finden. Und wieder andere, die jetzt sogar mehr passende Stellenprofile finden als vor der Krise, weil sie im Verlauf des Mentoring 50+ ihre Strategie erweitert haben.

Kannst du uns erläutern, wie Ihr vorgeht, wenn sich eine arbeitssuchende Person bei Euch meldet?

Es gibt stets ein unverbindliches Kennenlerngespräch. Wir präsentieren das Mentoring und erfahren, welche Erwartungen der Klient/die Klientin hat. Wenn beide die Teilnahme sinnvoll finden, starten wir. Gemeinsam erarbeiten wir in Einzelgesprächen einen Fahrplan für die nächste Etappe. Je nach Situation braucht es eine Überarbeitung des kompletten Dossiers oder Einzelcoachings, um schwierige Erlebnisse zu verarbeiten. Manche wünschen sich Trainings für Bewerbungsgespräche oder Unterstützung bei ihrer Social-Media Strategie.

Gemeinsam mit Mentoren und Mentorinnen als Sparringpartner wird die Bewerbungsstrategie weiter entwickelt. Ein besonders beliebtes Gefäss sind unsere „Orakelsitzungen“.  Hier wird der geballte Power von Mentorinnen/Mentoren und Mentee genutzt, um neue Ideen zu entwickeln oder konkrete Kontakte in spezifischen Branchen zu ermitteln.

Wie bewerten die Stellensuchenden über fünzig das Programm und seinen Nutzen?

In den Abschlussgesprächen wird als einer der wichtigsten Aspekte die langfristige Begleitung genannt. Als einzigartig wahr genommen wird die grosse Bandbreite des Netzwerks sowie die individuelle Begleitung. Oder wie es ein Mentee ausgedrückt hat: «Hier habe ich mich stets als Mensch und nicht als Klient gefühlt. Im Programm konnte ich von Angeboten profitieren, die zu mir und meiner Situation gepasst haben.»

Du schriebst mir in einer Email „Es (Seniors@Work) ist abgesehen davon auch für uns eine interessante Plattform“. Inwiefern ist Seniors@Work interessant für Euch?

Arbeit und Seniorität ist doch unser gemeinsamer und zentraler Berührungspunkt. Viele unserer Klientinnen und Klienten befinden sich kurz vor der Rente oder sind in Frührente und entwickeln im Mentoring 50+ eine Perspektive über ihr Pensionierungsalter hinaus. Seniors@Work ist eine wertvolle Plattform, um an weitere Chancen und Möglichkeiten zu gelangen.

Und wer weiss, vielleicht überlegt sich der oder die eine oder andere sich auch als Mentor oder Mentorin zu engagieren. Es gibt viele spannende Mentoringprogramme in der Schweiz, die sich über zusätzlichen Mentorenpower sehr freuen!

Liebe Nicole, ich danke dir für dieses spannende Email-Interview! Es brachte interessante Einblicke in eine weitere sinnstiftende Organisation zu Gunsten der älteren Arbeitssuchenden. Ihr macht tolle Arbeit. Herzliche Gratulation! Und: bleibt gesund!

…. sagt ein Sprichwort aus Nigeria

Was ist für Sie „Alter“, liebe Leserin, lieber Leser?

Als ältester Mensch der Welt wird offiziell die Französin Jeanne Calment genannt. Sie lebte vom 21. Februar 1875 bis zum 4. August 1997 und wurde also über 122 Jahre alt. Auf der Insel Java lebt ein Mann, der angeblich 145 Jahre alt sein soll. Aus Nigeria und Äthopien werden noch ältere Männer gemeldet. Allerdings sind diese Angaben nicht gesichert.

Aber lösen wir uns doch vom Wettbewerbsgedanken. Es geht hier überhaupt nicht darum, wer diesen „Alters-Contest“ gewinnt. Mir geht es um die Idee, des aktiven Älterwerdens. Denn die Lebenserwartung von Frauen und Männern steigt stetig an. Seit 1875 hat sie sich in der Schweiz verdoppelt: Frauen werden durchschnittlich 85 Jahre, Männer durchschnittlich 83 Jahre alt. Gute Hygiene, ein gutes Gesundheitssystem, ausgewogene Ernährung sowie dem Alter entsprechende Fitness sind sicher Faktoren, die dazu beitragen, dass wir älter werden als früher. Und natürlich kann man nicht alles über einen Leist ziehen. Menschen mit schweren körperlichen Berufen fühlen sich wohl schneller „verbraucht“ – wobei die Menschen, welche im Beruf viel sitzen müssen sicher extrem auf Ausgleich schauen sollten.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass eigentlich unsere Welt nicht auf die alten Menschen eingerichtet ist. Dabei sind unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger eine Art „Wundertüte“, die es gilt aufzumachen und nachzuschauen. Das Wissen, die Erfahrung, das Leben wird rauspurzeln und die jüngeren Generationen zum Staunen bringen.

Manchmal frage ich mich, ob es eigentlich erstrebenswert sei, sehr alt zu werden. Wenn ich dann aber Beiträge darüber lese oder sehe, dann muss ich schmunzeln. Ja, denke ich, es lohnt sich, wenn frau neugierig bleibt, Achtsamkeit pflegt, den Kopf anstrengt, ab und zu mal die Fitness in einen Muskelkater ummünzt. Und vor allem, wenn man am Anfang des Alterns….

… aber wann beginnt dieser Anfang eigentlich?

Gut: wenn man am Anfang des Alterns – also so etwa ab dem Alter 60 – sich beruflich nicht wegdrängen lässt, sich für die Gesellschaft einsetzt und einfach kurz und bündig aktiv bleibt. So wie Sie und ich, liebe Fan-Gemeinde von Seniors@Work! Bleiben Sie dran! Und zeigen Sie, dass man Sie in der Arbeitswelt noch braucht! Lassen Sie Firmen wissen, was Sie alles beherrschen und wie gross Ihr Erfahrungsschatz ist! Und zum Ausgleich können Sie ja ein wenig Yoga mit Aileen Ash machen.

Video zu Aileen Ash: https://www.youtube.com/watch?v=bQzzS6M4HOI

Bleiben Sie gesund!

Beatrice Isler

Können Sie das Wort „Corona“ noch hören oder lesen, liebe Leserin, lieber Leser? Oder leiden Sie schon an einer Überdosierung? Ich will es keinesfalls klein reden. Stehe ja selber in der Risikogruppe ein. Mein Verhalten ist angepasst, wir gehen nicht mehr einkaufen, haben keine physischen sozialen Kontakte mehr.

Bei mir persönlich, als gewählte Parlamentarierin, ging das Leben von 100 auf 0. So wird es sein, wenn ich dereinst nicht mehr im Grossen Rat sitze. Ich werde mich damit abfinden, nicht zu jedem Event eingeladen worden zu sein. Aber ich werde mich auch freuen, dass der Sitzungsmarathon sowie die Les- und Schreibarbeit zurück geht und meine Belastung massiv abnimmt, resp. ich mich nur noch auf meine ehrenamtlichen Jobs konzentrieren muss. Daneben wird mein Leben es zulassen, dass wir bei schönem Wetter viele Ausflüge und Spaziergänge machen. In den letzten drei Wochen spazierten wir von zu Hause aus bereits rund rund 75 km. Ob viel oder wenig, ist nicht die Optik. Wir waren draussen, an der Sonne, allein das zählt.

Nun aber hören wir auch jeden Tag Radio SRF und lesen Zeitungen. Es wurde über die steigende Anzahl Arbeitslosen berichtet. Vermehrt werden nicht nur junge Menschen keine Arbeit finden, nein, vielen Arbeitnehmenden ab 50+ wird gekündigt – obwohl die Firmen Kurzarbeit anmelden. Ich kann die wirtschaftlich schwierige Situation der Arbeitgebenden nachvollziehen. Wenn plötzlich sämtliche Einkommen wegbrechen, geht es ums Überleben. Die Versuchung, den älteren Mitarbeitenden zu kündigen, weil sie sowieso die teuersten im Team sind, ist gross. Ich hörte sagen, dass die ja zum Teil relativ nahe an der Pensionierung seien. Ältere Arbeitnehmende würden ja eine Überbrückungsrente erhalten und sowieso, die seien sicher froh…

Klar, junge Arbeitnehmende haben vielleicht eine Familie durchzubringen. Wenn Mann und Frau arbeiten, mag es grad noch so gehen. Aber mit der finanziellen Belastung durch Miete, Krankenkasse, Kita-Kosten etcpp sind junge Familien gefordert wie nie zuvor.Trotzdem bedaure ich es sehr, wenn Firmen ältere Mitarbeitende, welche oft viele Jahre schon im Betrieb mitarbeiten – auf die Strasse stellen müssen. Ich kann nur hoffen, dass sinnvolle Plattformen wie Seniors@Work dazu beitragen werden, auch nach der Corona-Krise Menschen ab Mitte 50 in eine gute Zukunft und eine interessante Arbeit zu vermitteln.

Arroganz, Egoismus und mangelnde Wertschätzung sind in Zeiten wie diesen keine Haltung. Wir müssen zusammenstehen, um die einschneidenden Bestimmungen und Massnahmen nach dem Ende des Lockdowns verarbeiten zu können. Für den Verarbeitungsprozess und den Wiederaufbau der Wirtschaft braucht es ganz bestimmt in den Jobs auch die Älteren, die Erfahrenen, die Expertinnen und Experten. Also liebe Leserin, lieber Leser: Halten Sie durch und bleiben Sie gesund!

Beatrice Isler

Warum ist das Alter bloss eine Zahl für Sie?

Weil das Alter je nach Person, je nach Art und Weise des Lebens, je nach Beruf oder je nach Erlebtem sich auswirkt. Die Einen sind mit 65 sehr müde. Andere wiederum – und zu denen zähle ich mich – fühlen sich zwar körperlich nicht mehr superjung, jedoch der Geist verlangt nach Nahrung, nach Herausforderung.

Was gefällt Ihnen am meisten/wenigsten am Altern?

Am wenigsten gefällt mir die zunehmende Schwere des Körpers. Am meisten gefällt mir, dass ich einfach nicht mehr alles machen muss. Ich bin gelassener geworden, kann auswählen, was ich tun will, und bin nicht mehr verpflichtet, alles mitzumachen, um “in” zu sein.

Was möchten Sie der jüngeren Generation als Tipp weitergeben?

Vergesst vor lauter sozialer Medien, Internet und technischen Möglichkeiten nicht die menschliche Nähe und das echte Gespräch von Angesicht zu Angesicht.

Warum wollen Sie weiterhin einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen?

Ich möchte einerseits mit freiwilligen Engangements etwas an Menschen zurückgeben, die nicht nur auf der Sonnenseite des Lebens standen. Andererseits brauche ich noch Neues für meinen Kopf. Und nicht zuletzt ist es meiner Meinung nach Bürgerpflicht, sich in die Gesellschaft einzubringen und für das Gemeinwohl einzustehen.

Wenn Sie einen Wünsch hätten, was würden Sie sich wünschen?

Da ich mich im Moment wirklich gut fühle, wünsche ich mir, dass dies noch länger so anhält.

Was wollen Sie dem seniors@work Team mitteilen?

Ich gratuliere dem seniors@work Team dazu, Know-how von Seniorinnen und Senioren abzuholen und mitzuhelfen, Wissen zu bewahren und sinnvoll weiter einzusetzen.

Haben Sie es schon gehört oder gelesen? Der Nationalrat will bei einer Überbrückungsrente für ausgesteuerte Arbeitslose über 60 „nicht knausern“, sondern mit dieser Rente den Menschen ohne Arbeit unter die Arme greifen.

Das ist doch toll, nicht war? Da gibt es ein Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose, als eine von sieben Massnahmen zur „Problembehebung“. Man wolle damit das Existenzminium decken. Denn man stellte fest, dass die Sozialhilfequote in der Altersgruppe zwischen 56 bis 64 Jahren um 47 Prozent gestiegen ist.

SP-Nationalrätin Barbara Gysi meinte „Den Betroffenen droht ein Alter in Unsicherheit statt ein Alter in Würde“. Natürlich haben ältere Arbeitslose jahrelang gearbeitet, Steuern bezahlt, ihr Know-how eingebracht. Diese Überbrückungsrente soll Perspektiven schaffen.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, liebe Leserin, lieber Leser dieses Blogs.

Aber Hand aufs Herz: sind Perspektiven mit Geld zu kaufen?

Natürlich hat man mit mehr Geld mehr Möglichkeiten für Ausflüge, Shopping, Theaterbesuche, Kultur und Gesellschaft – vielleicht. Aber wäre nicht die richtige Perspektive, eine Arbeit zu haben, in welcher man Wertschätzung erfährt, mit welcher man sich einbringen und beweisen kann? Müsste hier nicht die Wirtschaft einsteigen? Müsste man nicht der Wirtschaft Anreize geben, sich mit älteren Arbeitnehmenden auf den Weg zu machen? Müsste die Wirtschaft nicht erkennen, dass ältere Arbeitnehmende in aller Regel einen hohen Wert haben? Immerhin sind sie engagiert, sie wechseln wohl kaum mehr die Arbeitsstelle (ein Personalwechsel berechnet sich volkswirtschaftlich mit einem ganzen Jahreslohn), sie bringen Know-how mit, sie werden nicht mehr schwanger…..

Wenn ich Nationalrätin wäre, ich würde für dieses Gesetz „Ja, aber…“ stimmen. In der Hoffnung, dass weniger Geldsorgen älteren Arbeitslosen Mut gibt, sich mehr zu bewerben. Ich würde aber wirklich mal der Wirtschaft Dampf machen. Ach, wie gerne würde ich das tun!

Kandidat suchen
Job erstellen
Registrieren
Hilfe