Andreas Ladner, den ich von einer früheren gemeinsamen Tätigkeit her kenne, arbeitet als Coach/Berater bei Kiebitz. Kiebitz? Was ist das wohl? Ich vereinbare einen Termin mit ihm und treffe ihn zu einem Interview.

Andreas, was ist Kiebitz?

Kiebitz ist ein Verein, der im Bereich Arbeitsintegration tätig ist. Auftraggeber sind z.B. die Regionalen Arbeitsvermittlung (RAV), die Invalidenversicherung (IV) oder die Sozialhilfe. Kiebitz unterstützt und begleitet Menschen bei einer beruflichen Veränderung. Die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt ist eines der Ziele. Die Beratung variiert zwischen 3 und 6 Monaten. In wenigen Fällen dauert sie 9 Monate. Dies kann Menschen betreffen, welche von der IV oder von der Sozialhilfe zugewiesen werden.

Man kann aber auch als Privatperson unser Coaching in Anspruch nehmen. Der Fokus liegt auch auf der Laufbahnplanung. Allerdings muss man als Privatperson die Kosten dafür selber tragen.

Was kommen für Menschen zu Euch?

Es sind Menschen zwischen 16 und 65, welche infolge Krankheit oder Stellenabbau in der Firma so wie vielen anderen Umständen ihren Job verloren haben. Es sind aber auch Menschen, die keine Grundausbildung haben, und z.B. einfach von Job zu Job lebten. Die Arbeitsstellen der Ungelernten sind in aller Regel die ersten, die gestrichen werden.

Kiebitz ist aber keine Vermittlungsstelle für Ausbildungsplätze. Das agogische Angebot in eigenen und externen Betrieben dient dem Wiederaufbau der Arbeitsmarktfähigkeit.

Wieviele ältere Jobsuchende betreut Ihr?

650 Menschen profitierten 2018 von den Coaching- und Beratungsdienstleistungen. Ungefähr 10 Menschen pro Jahr stehen im Alter von 60 und mehr.

Was machst du als Coach? Gibst du Unterricht?

Nein, ich gebe keinen Unterricht. Ich mache nur Einzelberatungen und leiste Hilfestellungen für die Menschen, die zu mir kommen, damit sie sich selber einordnen können. Ich unterstütze sie auf dem Weg zu einer neuen beruflichen Lösung. Ich muss genau zuhören, ihnen auf den Zahn fühlen, Grundsatzfragen stellen und mit ihnen eine Auslegeordnung machen. Die Klientinnen und Klienten sollen ihre Bewerbungskompetenz stärken können und selber Verantwortung für ihren Prozess übernehmen. Es geht z.B. um Fragen: Was mache ich gerne und was nicht (mehr)? Was habe ich für Fähigkeiten?

Meine Beratungen betreffen durchschnittlich 50% Frauen und 50 % Männer.

Wie sieht Eure Erfolgsquote aus?

Wie misst sich Erfolg? Selbst klarer unterwegs zu sein ist bereits ein Erfolg! Vor allem bei längerer Arbeitslosigkeit ist es wichtig, die Kompetenzen, das Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen. Ist jemand länger krank gewesen, muss geklärt werden, was denn überhaupt noch möglich ist.

Da das Ziel ist eine Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt – sofern es der gesundheitliche Zustand ermöglicht.

Übrigens: Die Arbeitslosenkasse verlangt, dass ca. 45 – 50% der Menschen, die bei Kiebitz ein Programm absolviert haben, anschliessend wieder eine Stelle finden.

Was hältst du von seniors@work?

Ich habe die Website bereits zwei meiner Klienten, die 60+ sind, weiterempfohlen. Mich freut, dass bei seniors@work spannende Firmen dabei sind, die bereit sind, „ältere“ Leute, sogar Seniorinnen und Senioren einzustellen. Letztere bringen doch jede Menge Lebens- und Berufserfahrung mit. Ich begreife nicht, dass Firmen nur noch junge Menschen einstellen wollen.

Weisst du – sagt Andreas Ladner – manchmal bräuchte es Coaching für die Firmen!

Wenn das nicht ein tolles Schlusswort ist! Danke Andres für dieses Interview und weiterhin toitoitoi bei deiner Arbeit!

www.kiebitz.ch

In der bz erschien am 7. Oktober 2019 ein Artikel von Christof Schuerpf rund um die Erhöhung des Rentenalters. Der Journalist bezieht sich auf den Wirtschaftsprüfer Deloitte, welcher im Juni dieses Jahres tausend Menschen im Alter zwischen 50 bis 70 Jahren zu diesem Thema befragte. Die Erhöhung – in welchen Stufen auch immer – ist schlecht angekommen.

Diverse Szenarien stehen im Raum:

  • Der Bundesrat möchte das Frauenrentenalter über vier Jahre schrittweise von 64 auf 65 Jahre anheben. Obwohl dieses Vorhaben an der Urne schon zweimal gescheitert ist.
  • Im Raum steht die zusätzliche Idee, den Rentenbezug zu flexibilisieren. Konkret könnte man zwischen dem 62. Altersjahr und dem 70. Altersjahr in den Ruhestand übergehen.
  • Und dann sind da noch die Juso, welche das Rentenalter auf 66 Jahren erhöhen wollen und anschliessend an die Lebenserwartung koppeln möchten.

Die Präsidentin der Pro Senectute, Alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, erklärte in einem Interview, das heutige System der Altersvorsorge sei bald nicht mehr finanzierbar. Das heisst, dass immer weniger Seniorinnen und Senioren von ihrer Rente leben können. Sie müssen sich Zusatzjobs suchen. Sie ist für eine flexible Handhabung des Rentenalters und betont, dass ein Bauarbeiter wohl nicht gleich lange arbeiten könne, wie ein Anwalt (vgl. bz/2.7.2019).

Alt-Ständerat Philipp Müller wiederum sorgte für Furore, weil er findet, man solle das Rentenalter abschaffen. Er stellte fest, dass Arbeitnehmende über 50 nur sehr schwer vermittelbar sind, wenn sie ihren Job verlieren. Er meint, es hänge mit den hohen Lohnnebenkosten zusammen. Und er führt aus, dass eine Art „Lebensarbeitszeit“ in die Berechnung mit einbezogen werden müsste (vgl. bz / 30.9.2019).

Tja, liebe Leserin, lieber Leser, und wie haben Sie es mit einer Entscheidung? Welche ist die richtige? Das Thema ist komplex und schwierig. Meines Erachtens aber braucht es die Wirtschaft und ein Umdenken. Solange die Betriebe keine Menschen über 50 mehr einstellen, nützt auch ein flexibles und erhöhtes Rentenalter nichts. Oder?

PS: Übrigens: im August 2019 lag die Arbeitslosenquote in der Schweiz bei niedrigen 2,1%. Ebenfalls im August waren schweizweit 7645 Personen mit Alter 60+ arbeitslos gemeldet (Quellen: Bundesamt für Statistik / Lage auf dem Arbeitsmarkt, 9.9.2019).

Es war ein schöner Mittwochmorgen, die Sonne wärmte für dieses Jahreszeit ungewöhnlich warm und die Stimmung im Fotostudio von Stefan Schmidlin in Basel war fröhlich. Weisser Anstrich an den Betonwänden, jede Menge Technik und Beleuchtung und viele Holzbretter. Verschieden lang, unterschiedlich breit und teilweise grosszügig. Diese Bretter benötigt der Fotograf, um die Fotomodels auf die gleiche Augenhöhe zu bringen, ein wichtiges Detail des heutigen Shootings. 

Der Marketing Berater von KUCK UCK – Agentur für Kommunikation und der Fotograf standen entspannt mit einem Kaffee in der Hand am massiven braunen Werktisch, mampften je einen frischen Gipfeli aus der Bäckerei um die Ecke, tauschten Ideen und Überlegungen aus. Aufgetischt wurden nebst Croissants, kleinere Kuchen, Basler Läckerli, Früchte und Mineralwasser. Ein entspannter Tagesanfang.

Die Arbeit für dieses seniors@work Projekt begann wesentlich früher, mit viel Überlegung und Kreativität. Die Plattform für pensionierte Talente über 60 Jahre benötigte einen neuen Webauftritt und in diesem Zusammenhang neue Fotos, welche zeigen, wie Generationen in der Arbeitswelt zusammengebracht werden. 

Senioren stehen für Vertrauen und Seriosität

Wie könnte man den Generationsaustausch zwischen Senioren und aktiven Arbeitskräften in Szene setzen? Welche Symbolik könnte das “Ergänzen und nicht Ersetzen” am besten vermitteln? Nach gründlichen Überlegungen und einigen verworfenen Konzepten hatte der Marketingberater einen Gedanken: wie wäre es mit einem schlichten Handschlag? Ein Handschlag verbindet, zeigt Vertrauen und Stärke. Der Handschlag demonstriert die Wechselbeziehung der Generationen auf Augenhöhe, innert einer Sekunde und sehr plakativ

Schon war die Idee geboren: reichen wir uns die Hand. Die Arbeitswelt würde den Senioren vertrauensvoll die Arbeit überlassen, um sich zeitlich zu entlasten, um von der Erfahrung und deren Wissen zu profitieren. Mehr noch, um den Senioren zu zeigen, dass wir sie gerne in Anspruch nehmen. Der Handschlag würde eine kraftvolle Dynamik abgeben. Damit, so die Überlegung, liesse sich die Vorteilhaftigkeit für die Gesellschaft im Bild genauer ausdrücken.

Wie sollen diese Fotos geschossen werden? Draussen, am Arbeitsplatz, zu Hause? Nein, am besten vor einem neutralen weissen Hintergrund. Wenn es dem Fotografen gelingt eine Begegnung zweier Generationen emotional aufzuladen, dann erlaubt die strenge, harte Bildform den Porträtierten, die Symbolik selbstbewusst rüber zu bringen. Wir brauchten eine Atmosphäre und ein Ausdruck, die mehr als nur den konkreten Augenblick einfangen würden.

Diese Bilder sollen an die Menschen rankommen: an Unternehmer als Arbeitgeber und an Senioren als Arbeitnehmer. Da lag es für uns auf der Hand, sehr einfache Portraitfotografie zu erstellen: die Menschen zeigen, wie sie sind. Es gab kein Make-up, die Menschen sollen sich vorstellen, wie sie im wahren Leben unterwegs sind. Ausserdem gab es bei diesen Close-Ups keine komplexe Anweisung, ausser: reicht euch die Hand. Es gab ein Lichtsetup, eine Kameraperspektive und ein ganz einfaches Portrait. Geradeaus, ehrlich, und so spektakulär unspektakulär. Allerdings; diese Leichtigkeit zu zeigen, kann anstrengend sein. 

Seniorin und Senior als Fotomodel

Kathrin, seit kurzem erst Seniorin, parkte ihr Velo direkt neben den Eingang. Sie trat mit einer gelassenen Ausstrahlung ein und ihre Präsenz nahm kurzfristig den Raum ein. Das Team begrüsste das Einsteiger–Model mit freundlichem Händeschütteln und nach einem Schluck Kaffee konnten die ersten Aufnahmen in Alltagsklamotten anfangen. Der Fotograf stimmte das Setting mit dem Marketingberater letztmalig ab, die Beleuchtung wurde eingeschaltet. Das Lächeln sitzt. Die Kamera blitzt. Kathrins Augen leuchten. Alexis, Gründer der Plattform seniors@work, lachte zurück, nahm den Handschlag der Seniorin souverän entgegen und die Kamera klickte. Im zweiten Lauf wurde Kathrin mit dem jungen Unternehmer mehrfach geduldig abgelichtet, im Dritten mit einer jungen Mutter. Das kleine Mädchen, welches ihre Mutter begleitete, konnte sich für die Aufnahmen spontan begeistern, und somit wurden diese Bilder für das Projekt ebenso ausgewählt. 

Unser Team kam schnell voran. Der Senior erreichte uns pünktlich um 12 Uhr mit dem Velo und begutachtete zunächst die geschossenen Bilder, bevor er für die Aufnahmen mit dem Gründer vor der Kamera stand. Gekonnt und gelassen lächelte der Senior für die Kamera, vertrauensvoll und seriös. Im zweiten Set reichte er den jungen Unternehmer die Hand und konnte abschliessend mit Mutter und Kind überzeugen. Der produktive Tag machte allen Beteiligten sehr viel Spass und wahr ein einfaches Experiment, mit spektakulärem Ergebnis. 

An den Nachmittag wurde es ein Tick kreativer; die Auswahl der Bilder sollte eine Serie von Generationsübergängen darstellen und die Emotion der Verbundenheit wiedergeben. Dies dauerte erstaunlich kurz und das Team war sehr zufrieden. Wenn man sich die Fotos ansieht, kann man erkennen, wie die Idee von den Beteiligten verinnerlicht wird. Der Handschlag ist eine Geste der nonverbalen Kommunikation, ein Zeichen von Gleichheit und Respekt. Ein Zeichen der Erreichbarkeit, des Vertrauens und des Austausches. Eine einfache Idee des Handschlags, um Generationen auf Augenhöhe zu verbinden. 

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