Drei Männer, drei Lösungen (Artikel aus der Basler Zeitung)

Alexis Weil hat eine Plattform für arbeitsmotivierte Leute über 60 Jahre geschaffen, weil er sah, wie schwierig es für manche Senioren nach der Pensionierung ist, wenn sie plötzlich mit allzu viel Freizeit konfrontiert sind.

von Franziska Laur, (Basler Zeitung)

 

«Es ist für mich wie ein Sechser im Lotto», sagt Peter Woodtli, temporär angestellter Senior in der Irides AG (Blindenheim Basel). «Senioren bringen Lebenserfahrung und Entspannung ins Haus. Sie sind hochmotiviert und kompetent», sagt Georges Krieg (49), Geschäftsführer Irides AG. «Die Idee kam mir, als mein Vater pensioniert wurde», sagt Alexis Weil, Gründer der Plattform seniors@work.

Die drei Männer dreier Generationen sitzen im Garten des Blindenheims an der Kohlenberggasse und wirken allesamt hochzufrieden. Gegründet hat der 28-jährige Alexis Weil die Plattform, weil er sah, wie schwierig es für manche Senioren nach der Pensionierung ist, wenn sie plötzlich mit allzu viel Freizeit konfrontiert sind. Oder für 60-Jährige, wenn sie die Arbeit verlieren und keine mehr finden. So hat der Ökonomiestudent gehandelt: zugunsten von Senioren, die Aufträge suchen, und von Auftraggebern, die Unterstützung brauchen. «Von diesem generationenübergreifenden Austausch profitieren alle Parteien», sagt der junge Mann.

Er hütet auch Katzen

Auf diese Weise sind Georges Krieg und Peter Woodtli zusammengetroffen. Krieg hatte kurzfristig eine personelle Lücke im Qualitätsmanagement. «Wir hatten einen Weggang und mussten dringend ein Anerkennungsverfahren für den Kanton durchlaufen», sagt Krieg. Ohne grosse Hoffnung meldete er sich auf der Plattform. Und siehe da: Peter Woodtli war genau der richtige Mann. Der 71-Jährige hat jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet und war auf der Suche nach einem Job.

Entlöhnt wird er durch die Irides AG nach dem Markttarif. Doch Woodtli hütet auch Katzen, macht Gartenarbeiten – und diese Aufträge sind weniger gut bezahlt. «Wir wollen keine Konkurrenz für den normalen Arbeitsmarkt sein und wollen auch kein Lohndumping betreiben, vielmehr wollen wir neue Jobs generieren», sagt Alexis Weil. Dies würden die Jobs bestätigen, die man bisher vermittelt habe.

Manchmal ist es eine zeitliche Notlage wie bei Georges Krieg, in anderen Fällen könnten sich Kunden nur jemanden leisten, der nicht allzu viel verlangt. Wie etwa der Architekt, der Pläne für Ställe entwirft, wenn sich die Bauern ansonsten den Umbau nicht leisten könnten. Oder der Fotograf, der auch mal an einer Hochzeit fotografiert, wenn das Budget schmal ist und sich das mit der Teilnahme am Hochzeitsschmaus bezahlen lässt. «Häufig wollen Senioren noch nicht zum alten Eisen gehören und suchen eine sinnvolle Beschäftigung.»

Frischer Wind und Weisheit

Und manchmal, da passt es einfach perfekt, wie bei Woodtli: «Für mich hat es von der ersten Sekunde an gestimmt», sagt er. Seit Mitte Mai ist er im Blindenheim tätig, bis Herbst wird das Mandat voraussichtlich dauern. «Und wenn Leute von aussen kommen, hat es einen zusätzlichen Vorteil: Man muss aus der Trägheit raus und sieht sich mit anderen Augen», sagt Geschäftsführer Georges Krieg. «Ich finde es toll mit älteren Leuten. Sie wissen, was sie wollen, sie bringen frischen Wind, sie haben Erfahrung.»

Buchhaltung für KMU

«Es kann doch nicht sein, dass Senioren nach der Pensionierung von einem Tag auf den anderen nicht mehr arbeiten können und man gleichzeitig vom Fachkräftemangel spricht», sagt Weil. Sein Vater beispielsweise füllt jetzt Steuererklärungen für Expats aus oder unterstützt KMU in der Buchhaltung oder beim Jahresabschluss. Ein Arzt bekommt Aufträge von der Mutter eines Kindes mit körperlichen Gebrechen, um Gesuche für die Schule zu stellen. Ein pensionierter Architekt erstellt Baupläne für Bauern, da für normale Architekturbüros ein solcher Auftrag teilweise finanziell zu wenig attraktiv ist. So gibt es immer wieder Nischen, die ohne Seniorenarbeit nicht gefüllt werden.

«Es ist eine Ergänzung zwischen Jung und Alt», sagt Krieg. Er ist nicht zuletzt auch froh, dasser die Sache mit dem Qualitätsmanagement so elegant lösen konnte, weil er sich auch noch mit dem Neubauprojekt befassen muss. Es ist der Ersatz des heutigen Alters- und Pflegeheims am selben Standort.

Bis im Herbst wird die Plattform noch gratis sein. Danach werden die Kosten etwa fünf Franken pro Monat ausmachen.

Quelle: Basler Zeitung

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