Ich kenne Werner Wassermann schon seit vielen Jahren. Seine grosse Gestalt, sein fröhliches Lächeln, seinen Humor und seine herzensgute Art waren viele Jahre Programm im Gundeli. Immer wieder liefen wir uns über den Weg, an diesem Fest, an jenem Anlass oder einfach auf der Strasse, da das „Momo“ ja bei uns quasi um die Ecke liegt. Und immer noch ist er dem Gundeli verbunden, vor allem auch mit einem ehrenamtlichen Posten in einer Institution, welche schon sehr lange am Winkelriedplatz still und unaufgeregt gute Taten vollbringt: dem Treffpunkt Gundeli.



Lieber Werni, du hast lange Jahre das Alters- und Pflegeheim Momo an der Bruderholzstrasse geleitet. Gibt es ein herausragendes Erlebnis, welches dir aus deinen langen Berufsjahren in Erinnerung geblieben ist?

Ich durfte viele besondere Menschen kennenlernen und hatte viele Ereignisse, welche mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Aber ein Highligt war, als wir eine 92-jährige rollstuhlabhängige Dame hinten auf meinen Ultraleichtflieger hievten und ich mit ihr eine stündige Tour übers Elsass flog. Die Dame erzählte mir dabei, dass sie als 16jähriges Mädchen zum ersten Mal auf dem ersten Basler Flugfeld „Sternenfeld“ einen Rundflug machen durfte und dass sie als 32jährige Frau das Matterhorn bestiegen hat.


Seit wann bist du pensioniert?

Ich wurde im Februar 2016 mit 67 Jahren pensioniert.



Geniesst du die Pension?

Ja, ich geniesse die Zeit. Meine jetzige Frau eröffnete ein Jahr vor meiner Pensionierung ihre Praxis für medizinische Massagen. Als ich pensioniert wurde, zog die Praxis an, meine Frau kann ihre vielen Termine wahrnehmen, weil ich für unseren, nun 9jährigen Sohn da sein kann und daneben meine Rolle als Hausmann lebe.



Das Gundeli hat dich noch nicht losgelassen: Du engagierst dich in der Freiwilligenarbeit. Genau gesagt beim Treffpunkt Gundeli und – ich glaub neu – als Präsident? Was bietet der Treffpunkt Gundeli genau?

Unser Treffpunkt bietet armen und einsamen Menschen unserer Gesellschaft eine warme Stube, die Möglichkeit, sich während 5 Tagen in der Woche gesund und günstig zu ernähren, Spiele zu machen, Zeitschriften zu lesen (Obdachlose dürfen bei uns auch duschen), Kontakt zu anderen Menschen zu pflegen sowie direkte Unterstützungen (Sozialarbeit) und Vermittlungen mit Ärzten oder Ämtern, Hilfe bei Schreiben und Steuererklärungen u.v.m.



Warum engagierst du dich? Wieso hast du dich zum Präsidenten wählen lassen?

Unsere liebste und beste Freundin, Pia Weisskopf, war bis zu ihrem frühen Tod die erste angestellte Stellenleiterin im damaligen „Treffpunkt für Stellenlose“. Obwohl ich nebst meinen anderen Ehrenämter (Förderverein Momo, Bebbi-Bängg) meinen Hausmannpflichten und meiner Mithilfe im
Momo keinen Nebenjob mehr gesucht habe, hat mich diese Freundschaft zu Pia „verpflichtet“ mich für „ihren“ Treffpunkt und „ihre“ Männer einzusetzen.


Wie viel Prozente umfasst dein Engagement?

Im Moment sind das etwa 15%, also so um die 6,5 Stunden in der Woche



Eure Klientinnen und Klienten: kannst du sie beschreiben? Konkret: sind es alles Langzeitarbeitslose? Frauen? Männer? Junge? Alte?

IV – und Altersrentner, arbeitsunfähige Menschen, Menschen in einem schwierigen Lebensabschnitt,
zu 2/3 Obdachlose oder sonst völlig verarmte Menschen, zu 1/3 vereinsamte Menschen. 85% Männer und 15% Frauen.



Ihr bietet auch Arbeitseinsätze an. Was für Arbeitseinsätze sind das in aller Regel?


Arbeitseinsätze meist Kurzeinsätze eigentlich nur noch Zusammen mit dem Job-Shop. Unsere Leute sind für „normale“ Arbeiten nicht mehr vermittelbar. Aus diesem Grund haben wir vor Jahresfrist auch unseren Treffpunkt für Stellenlose in Treffpunkt Gundeli umgetauft



Kennst du Seniors@Work?


Seniors@Work kenne ich, wir haben, als unser Koch während der ersten Coronawelle krank wurde, sogar überlegt, via dieser Plattform einen Aushilfskoch zu suchen. Dadurch dass die Stellenleiterin ebenfalls vom Virus gepackt wurde, mussten wir unseren Treffpunkt vorübergehend schliessen – die Anfrage hat sich damit erübrigt.



Könnte es sein, dass das Angebot von Seniors@Work einer Klientin oder einem Klienten aus dem Treffpunkt helfen würde?

Von den heutigen Besuchern des Treffpunktes denke ich, dass keine zu vermittelnde Person dabei ist. Vielleicht (gerade durch die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise) ändert sich das in naher Zukunft – jedenfalls werden wir vom Treffpunkt dieses Angebot im Hinterkopf behalten.


Lieber Werni, ich danke dir sehr herzlich für dein grosses Engagement und nicht zuletzt für dieses Interview. Ihr tut Gutes. Zeit, dass wir darüber reden!

Bleibt gesund!

https://www.treffpunktgundeli.ch/

Seniors@Work ist für den von der Gruppe23.ch lancierte Prix BÂLEence nominiert. Ein weiterer Meilenstein im Aufschwung unseres innovativen Startup-Unternehmens zu Gunsten von Seniorinnen und Senioren. Ich gratuliere herzlich, denn schon eine Nomination ist ein grosser Schritt.

Ich schreibe von Innovation. Aber was ist damit gemeint? Innovation, allgemein gedeutet, bezeichnet „in den Wirtschaftswissenschaften für die mit technischem, sozialem und wirtschaftlichem Wandel einhergehenden (komplexen) Neuerungen.“

Innovation ist auch ein Prozess, die Weiterentwicklung einer Idee, unter Abwägung sämtlicher angrenzender Puzzleteile. Diese Puzzleteile heissen Unternehmertum, Engagement, Hartnäckigkeit. Es braucht eine soziale Haltung, ein offenes Ohr und eine Weitsicht, um nicht letztlich an der eigenen Engstirnigkeit zu scheitern. Und es braucht Mut!

Diejenigen, die von diesem Mut profitieren können, sind Sie alle, liebe Leserin, lieber Leser. Die sogenannte „Silver Society“ profitiert von einem Jungunternehmer. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Und auch die Wirtschaft profitiert vom innovativen Gedanken, eine Plattform
zu schaffen, in der sich Gebende und Nehmende auf Augenhöhe begegnen können. Hier geht es aber nicht nur um Mut, sondern auch um Erfahrung, um Wissensaustausch. Zu viel geht sonst verloren.

Waren Sie schon im neu renovierten Saal des Stadtcasinos? Konnten Sie die neue Orgel schon bewundern? In der neuen Orgel paart sich jahrhundertealte Tradition mit neuster digitaler Technik. Mich persönlich beeindruckt vor allem das Wissen um den Bau einer Orgel. Neuste Technik in Ehren – für richtig gestimmte Orgelpfeifen in der perfekten Legierung
braucht es fernab von industrieller Herstellung Präzisionshandwerk und Wissen.

Oder lassen Sie mich vom Schuhmacher erzählen. Fast alle unsere Schuhe hat er bisher geflickt. Er hat neue Riemchen angesetzt, für Flickarbeit den richtigen Faden gehabt. Zuletzt ging er für ein paar Sommerschuhe von mir sogar auf die Suche nach dem richtigen Ersatzstück, damit der Schuh wieder perfekt aussah. Unsere Absätze hielten nach der Reparatur wunderbar, er flickte Gürtel und Taschen und verwendete immer gutes Material. Was für ein Verlust: er hat sein Geschäft aufgegeben. Wissen und Handwerk geht leider verloren.

Was ich damit sagen will?

Ich nehme an, Sie gehen mit mir einig: Alexis Weil ist ein Jungunternehmer und ihm gebührt der Dank für seinen Mut, seine Hartnäckigkeit und seine Innovation mit der Idee Seniors@Work. Er trägt dazu bei, dass Wissen, Erfahrung und Handwerk erhalten bleibt. Die ganze S@W-Community drückt ihm sicher nun die Daumen, dass er beim Prix BÂLEnce obenauf schwingt.

Toitoitoi, lieber Alexis!

Beatrice Isler

www.gruppe23.ch

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