Gen Z und Babyboomer: Ein Dreamteam?

«O.k., Boomer!» hört man oft höhnisch von der Generation Z und den Millennials. Das klingt mehr nach Konflikt als nach einem Dreamteam. Wie und wo passen die Jungen und die Alten also zusammen? Da, wo viele es nicht vermuten: Bei der Arbeit. Wir erklären wieso, und was das für Unternehmen bedeutet.

Die Babyboomer verabschieden sich nach und nach in den Ruhestand, das ist bekannt. Doch neu ist: immer mehr von ihnen wollen weiterarbeiten. Warum? Die Gründe sind vielfältig, aber hauptsächlich geht es um: Beruflich aktiv bleiben, Wissen weitergeben, einen Purpose haben, sich gebraucht fühlen, etwas dazu verdienen.

Von den arbeitswilligen Älteren sucht aber kaum einer eine neue Vollzeitstelle. Wieso auch? Ein bisschen den Ruhestand geniessen, Zeit mit Freunden, beim Sport, auf Reisen zu verbringen – das muss schon sein. Und dank der (noch) üppigen Schweizer Rente geht es den meisten Senioren bei der Suche nach einem Job mehr um die Sache als ums Geld.

Eine Teilzeitstelle soll es also sein. Das Spektrum ist gross, es geht von 10 Prozent bis 80 Prozent, von regelmässig jede Woche oder als Vollzeitprojekt für drei Monate. Eine Ad-Interim Geschäftsführung oder eine Springerposition bei Bedarf. Ein paar Stunden um für ein KMU den Jahresabschluss zu erstellen oder auf Provisionsbasis im Telesales. Vor Ort oder von zu Hause, am liebsten mit freier Zeiteinteilung, so dass die Arbeit nicht mit den Freizeitplänen kollidiert. Und so, dass man den Austausch mit netten Kollegen im Büro ebenso haben kann wie die Ruhe des eigenen Schreibtisches im Home Office.

Betrachtet man die gewünschten Jobmodelle genauer, finden sich überraschend viele Ähnlichkeiten mit dem, was die Gen Z auch will: Arbeit, von wo auch immer, zu selbstbestimmten Zeiten, und bitte nicht in Vollzeit. Sprich: ein maximal flexibles, hybrides und modulares Arbeitsmodell, wie es die Verfechter des «New Work» einfordern. Denn die Generation Z hat noch besseres zu tun als das Leben voll dem Arbeitsdiktat unterzuordnen. Es geht um Work-Life-Balance und um den Einsatz gegen den Klimawandel, um Purpose und um persönliche Freiheiten.

Unternehmen müssen sich umstellen

Das altbewährte und in die Jahre gekommene Vollzeitmodell, das die Mehrzahl der Unternehmen lebt und propagiert, wird also gleich von zwei Seiten angeknabbert: Von unten durch die Jüngeren, von oben durch die Älteren. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die Arbeitswelt sich umstellen und die modularen Arbeitsmodelle des New Work zum neuen Standard erklären muss. Schöne, neue Arbeitswelt, in der sich jeder Zeiten, Pensen und Orte so einrichtet, wie es ihm oder ihr am besten passt.

Die Unternehmen sind dabei im Zugzwang. Allüberall fehlt bereits heute das Personal, befeuert vom demografischen Wandel der alternden Gesellschaft und vom aktuellen post-pandemischen Heisslaufen der Wirtschaften auf der ganzen Welt. Der Arbeitsmarkt im In- und Ausland ist wie leergefegt, und zwar in so gut wie allen Branchen und auf allen Leveln. Kaum ein Rekruter, der nicht darüber klagt, einfach keine passenden Mitarbeiter mehr zu finden. Dass man sich in einer solchen Situation auf veränderte Bedürfnisse der regulären Mitarbeitenden ebenso einstellen muss wie darauf, mit anderen Gruppen (den Pensionären) zusammenzuarbeiten, scheint nur folgerichtig.

Generationenübergreifende Teams

Aus einer Vollzeitstelle mach drei Teilzeitstellen – in Job Sharing Modellen oder einfach mit unterschiedlichen Aufgaben. Das wird in Zukunft sein ebenso wichtiger werden wie das Auslagern von Arbeiten an Freelancer (Stichwort Gig Economy) und Kurzzeit-Einsätze von Vertretungen und Springern. Hier sind all diejenigen Mitarbeitenden besonders wertvoll, die eben nicht in einer 100 Prozent Vollzeitstelle «festhängen» und nur mit langem Vorlauf verfügbar sind. Dass all das eine Herausforderung für die Arbeitsorganisation in den Betrieben ist , ist völlig klar. Doch ein «Weiter wie Bisher» funktioniert einfach nicht.

Doch für die Unternehmen hat eine solche Umorganisation noch weitere Vorteile. Wenn Jung und Alt näher zusammenrücken und generationenübergreifende Teams die Regel werden, verbessert sich auch der Output der Teams, das ist wissenschaftlich erwiesen. Denn je diverser die Teams, desto besser das Ergebnis. Und in Zeiten, in denen D&I Initiativen immer wichtiger werden, ist eine Ausgrenzung der Alten definitiv «out».

Die Zukunft gehört den Älteren!

Allem Jugendwahn zum Trotz: den Alten gehört die Zukunft. Und es wird höchste Zeit, die Generation 60+ ernst zu nehmen. Warum? Eine Erklärung.

Die Bevölkerung altert. Das ist nicht neu. Aber jetzt, wo die 55-Jährigen bereits den höchsten Anteil an der Bevölkerung in der Schweiz ausmachen und immer mehr Babyboomer sich reihenweise in den Ruhestand verabschieden, fangen nicht wenige Unternehmen an, die bisher übersehene, belächelte und aufs Abstellgleis geschobenen Gruppe der Senioren endlich etwas ernster zu nehmen.

Getrieben ist dieser stärkere Fokus vor allem aus Eigeninteressen, allen voran von der nie dagewesenen Personalknappheit im Sommer 2022. Zur bekannten demographischen Entwicklung kommt derzeit das massive post-pandemische Wiederhochfahren der Wirtschaft – und damit die massenhafte Suche nach Personal, das während Corona eingespart wurde. Doch die Arbeitsmärkte sind wie leergefegt, und auch im Ausland können nicht genügend Bewerber rekrutiert werden. Da rücken die Älteren im Inland auf einmal auch als potenzielle Arbeitskräfte in den Blick der Unternehmen. Denn vor allem für Führungsfunktionen fehlen geeignete Bewerber:innen, so die NZZ hier.

Die jungen Alten haben noch viel vor

“Endlich!”, wird sich manch ein Senior denken. Denn angesichts der steigenden Lebenserwartung und dem hohen Lebensstandard in der Schweiz sind die jungen Alten fitter, mobiler, aktiver und digitaler denn je zuvor. 60 ist das neue 40, hört man oft. Denn vom geruhsamen Alter, von Rollator und Pflegeheim sind sie weit entfernt. «Ich langweile mich doch, wenn ich nur zu Hause sitze», sagt beispielsweise Remo U., 65, seit einem halben Jahr pensionierter Buchhalter aus Zürich. Und damit steht er nicht alleine da. Gerade die 60- bis 75-Jährigen möchten weiterhin eine Aufgabe haben, ihre Erfahrungen weitergeben, und damit auch sich selbst etwas Gutes tun. Denn – und das ist wissenschaftlich erwiesen – wer sich in zunehmendem Alter weiterbildet, neugierig und geistig fit ist, bleibt gesünder und kann somit auch mehr zum Arbeitsmarkt beitragen.

Auch wenn unsere Gesellschaft nach wie vor in einem regelrechten Jugendwahn lebt, ist Alter für beruflichen Erfolg keineswegs ein Nachteil. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall, so zahlreiche Studien (beispielsweise in der HBR). Denn Wissen und Erfahrung, die Haupttreiber für Job-Performance, steigen mit dem Alter, sogar bis über 80. Kein Wunder, dass alle Welt mit Hochachtung auf Warren Buffet, den inzwischen 92-Jährigen Starinvestor aus den USA blickt, oder dass nur zwei der 46 US-Präsidenten am Ende ihrer Amtszeit unter 50 waren. Konrad Adenauer, erster deutscher Bundeskanzler und prägende Figur einer ganzen Ära, war bei seinem Rücktritt 87.

Beim Erlernen neuer Dinge gibt es ausserdem kein Alterslimit. Die 70-Jährigen sind offener als die 20-Jährigen, war erst kürzlich in der NZZ zu lesen, auf Basis einer Studie des Gottlieb Duttweiler Instituts (hier). Und wer hätte es gedacht, Start Up Gründer sind umso erfolgreicher, je älter sie sind.

Unternehmen müssen sich umstellen

Was hält Betriebe in der Schweiz also noch davon ab, mehr mit den Älteren zu arbeiten? Genügend motivierte Bewerber gibt es auf jeden Fall, allein die Online-Jobplattform seniors@work hat über 10’000 Kandidaten in der Datenbank. Oft sind bei den Unternehmen die Strukturen jedoch noch nicht darauf ausgelegt, Mitarbeitende zu beschäftigen, die etwas anderes suchen als eine klassische Vollzeitstelle. Doch genau darauf drängen die Pensionierten – Teilzeit in jedweder Form, idealerweise in hybriden Arbeitsmodellen mit Home-Office und freier Zeiteinteilung. Doch damit stehen sie nicht allein. Auch die Generation Z und die Millennials bevorzugen diese neue Art des Arbeitens – Stichwort «New Work». Daher ist der Wandel wohl nur noch eine Frage der Zeit.

Pensionäre sind auch Kunden

Doch nicht nur als Mitarbeitende, auch als Käufergruppe werden die Senioren immer relevanter für die Wirtschaft. Denn mit der steigenden Lebenserwartung, der (noch) guten Rente, beziehungsweise zukünftigen zusätzlichen Löhnen im Pensionsalter, wird die zahlungskräftige Klientel der über 60-Jährigen immer grösser.

Zielgerichtete Angebote für die Älteren können dabei noch deutlich ausgebaut werden, zumal die «Senioren» ja eine sehr grosses Segment sind, die um die 30 Jahre umspannen. Dementsprechend unterschiedlich sind ihre Interessen und Bedürfnisse. Und mit Produkten und Dienstleistungen allein ist es nicht getan. Vielmehr könnten die älteren Kunden auch von  Leuten in ähnlichem Alter betreut werden – egal ob im Verkauf, in der Beratung, oder beim Telefonsupport.

Am Ende also schliesst sich der Kreis: weder auf Mitarbeiter- noch auf Käuferseite kommt man in Zukunft an den Alten vorbei!

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